Die modernen Todsünden
Plassenburg über Kulmbach
Plassenburg über Kulmbach
"Ich ist ein Anderer", so formuliert Arthur Rimbaud in den "Briefen des Sehenden" den Kernsatz seiner Dichtungstheorie. Er forderte die Abschaffung des empirischen Ichs durch "grenzenloses, vernunftgelenktes Verwirren aller Sinne". Er schuf magische Universen, suchte Wirklichkeit in Träumen, wirbelte in seiner Poesie das "Befremdende, Unergründliche, Widerliche und Entzückende" durcheinander.
Das klingt wie eine Gebrauchsanleitung für das zeitgenössische Portrait. Nicht das getreue Abbild ist das Ziel, sondern der Blick hinter die Kulisse, hinter die Maske, hinter die Rolle, die wir alle jederzeit spielen.
Mein Portraitfoto spielt mit allen diesen sinnverwirrenden Inhalten. Als Ergebnis eines historischen Fotoprozesses eine Fehlbelichtung, eine Unschärfe, ja fast ein Sfumato, das altmeisterlich erscheint und unter Betonung von Details übermalt und künstlerisch bearbeitet worden ist. Es sind gerade die handwerklichen "Fehler", die der Arbeit poetische Qualität verleiht. Durch eine Ästhetik der Unvollkommenheit verweist es auf den Menschen selbst und das Ringen darum, etwas zu sehen, etwas festhalten zu können vom flüchtigen Leben.
Plassenburg über Kulmbach
Die quasi religiöse Verehrung und Inszenierung Albrecht Dürers wird in dem Triptychon kritisch aufgegriffen. Dabei geht es weniger um Albrecht Dürer selbst, sondern um das Verhältnis seiner Frau Agnes zu dem Künstler. Wie kam Agnes mit ihm zurecht, seiner Kunst und seinem Ruhm.
Und man denkt dabei über das Verhältnis der des Partners zum Künstler allgemein nach.
Gezeigt werden zwei Bilder des Triptychons aus dem Agnes Dürer Projekt. Leider fehlt das Hauptwerk "Verehrung des Meisters". Die Folgebilder "Bildersturm" und "Späte Rache" sind dagegen zu sehen.
Auf einer deutschsprachigen US Zeitung liegen auf dünnem Japanpapier gedruckte Cyanotypien.
Mit welchen Hoffnungen und Zielen sind die Auswanderer früher nach Amerika geströmt. Was haben sie vorgefunden, wie sind sie mit den fremden Verhältnissen klargekommen. Welches Bild hatten sie von Amerika vorher. Welche haben ihre Nachfahren heute im Kopf. Wie sieht das Amerika heute aus, das sie vorfinden. Passen beide Bilder zusammen?
Die original Ausgabe der größten deutschsprachen Tageszeitung der USA vom 9. Juli 1876 symbolisiert die Auswanderer-Generation und was sie bewegte. Die Cyanotypien, die die Zeitung überdecken, sind von heute und zeigen die Wirklichkeit. Wie deckt sich das mit den Inhalten von damals.
Die Serie besteht aus vier Werken, von denen 3 auf der Plassenburg gezeigt werden.
Plassenburg über Kulmbach
Selb 25. September - 30. Oktober 2011Rosenthal-Theater Selb